Urberach - Schnelle Wiederbelebungsversuche können Leben retten Aber viele haben Angst, bei der Ersten Hilfe etwas falsch zu machen. Mit einem Defibrillator ist das ausgeschlossen. Das lernten die 15 Teilnehmer eines Kurses im Urberacher Rot-Kreuz-Heim. Von Michael Löw
Straßenverkehr: knapp 3000 Tote pro Jahr. Lungenkrebs: rund 30.000 Tote. Plötzlicher Herztod: mehr als 120.000 Tote. Die Statistik zeigt mit brutaler Nüchternheit, woran die meisten Deutschen sterben. Und genauso unbarmherzig weist Frank Modrow darauf hin, dass jeder von uns – schneller als ihm lieb ist – unversehens dem Opfer einer Herzattacke gegenüber steht. „Und es ist nicht der Wildfremde auf der Straße, dem so etwas passiert. Sie alle haben die hohe Wahrscheinlichkeit, einen Verwandten, Bekannten, Arbeitskollegen oder Sportfreund wiederbeleben zu müssen“, sagt er einer Gruppe von 15 Frauen und Männern in die betröppelten Gesichter.
Frank Modrow ist Ausbilder beim Roten Kreuz in Dietzenbach und unterstützt den Urberacher DRK-Ortsverein bei seinen Erste-Hilfe-Kursen. An diesem Abend geht’s um Maßnahmen gegen den Plötzlichen Herztod. Erste und vor allem schnelle Hilfe – egal, ob von Hand oder mit Hightech – kann viele Leben retten. Und eben auch das eines lieben Angehörigen. Der Kurs ist eine gemeinsame Aktion von Rotem Kreuz und Quartiersgruppe. Der haben die Urberacher den Defibrillator – medizinisch korrekt: Automatischer Externer Defibrillator (AED) – zu verdanken, der seit einigen Wochen in der Sparkassen-Filiale am Taubhaus hängt.
„In diesem Gerät stecken ein kleiner Arzt und ein kleiner Techniker“, wählt Modrow zwei Berufsgruppen, die viel Vertrauen genießen. Er nimmt den Teilnehmern damit die Angst: „Was kann passieren, wenn ich in Panik die Elektroden falsch anlege?“, hatte zum Beispiel Friedrich Kühne gefragt.
Das kann eigentlich nicht passieren, denn der AED erklärt sich von selbst, sobald man die Plastikbox öffnet. Jeder Schritt wird mit deutlicher Stimme angesagt. Das beginnt mit der Aufforderung, den Patienten auf eine möglichst feste und trockene (Stromschlaggefahr!) Fläche zu legen und seinen Oberkörper frei zu machen, auf den der Helfer zwei Elektroden klebt. Dann gilt: Hände weg vom Patienten, schon wieder Stromschlaggefahr! Zuletzt löst kräftiges Drücken auf einen rot blinkenden Knopf den rettenden Stromstoß von bis zu 360 Volt aus.
SOS vom Smartphone: Das Mobiltelefon als Nothelfer
Der Defibrillator prüft, ob das Herz wieder schlägt, und erteilt weitere Anweisungen: die klassische Wiederbelebung mit Herzmassage und Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung. Dabei misst das Gerät neu und gibt weitere Anweisungen – solange, bis der Rettungswagen anrollt. Das sollte in unserer Gegend nicht länger als zehn Minuten dauern, nachdem der Notruf an die 112 abgesetzt wurde.
Die Wiederbelebung von Hand beschäftigt die 15 Kursteilnehmer fast mehr als die mit dem Defibrillator. Zu fest drücken – das war eine Sorge – kann man nicht. „Lieber ein paar gebrochene Rippen als tot“, bringen das Notärzte auf den Punkt. Den Ekel vor Erbrochenem zu überwinden, fällt potenziellen Helfern offenbar ganz, ganz schwer. Ehrlicher Kommentar eines Mannes: „Wenn einer gekotzt hat, beatme ich nicht. Sonst kotze ich auch!“ Das gute, alte Taschentuch oder ein kleines Rettungstuch lindern den Ekel.
Standorte: Defibrillatoren gibt es unter anderem in den Rathäusern, in der Kulturhalle, bei der Volksbank in Ober-Roden und der Sparkasse in Urberach und in mehreren Vereinsheimen. Die Quartiersgruppe Urberach will alle Standorte spätestens bis Sommer in einem Flyer zusammentragen.
Quelle: op-online.de